Die
Grubenrettungsmannschaft des Erzbergwerks Grund stand einst im hohen Ansehen,
sowohl bei den hohen Beamten des Oberbergamtes Clausthal – als auch bei
der Leitung der Niedersächsischen Hauptstelle für das Grubenrettungswesen
Clausthal. Sie war nicht nur für unsere Grube Hilfe Gottes zuständig,
sondern auch erste Hilfeleistungswehr für Nachbar-Zechen. Sie setzte
sich aus Bergleuten zusammen, die sich freiwillig gemeldet hatten, das
ärztliche Gesundheitszeugnis mitbrachten, Kameradschaft lebten und
für die Angst ein Fremdwort war.
Im
Alarmfall waren sie binnen Minuten zur Stelle, egal ob man sie von Zuhause
rief oder aus der Grube holte. Kommandos regelten die Einsatzfähigkeit.
Jede Grube hatte eine Wehr zu unterhalten, deren Stärke sich nach
Belegschaftszahl und Gefahrencharakter richtete. Die Maximalstärke
der Grundner Wehr betrug 30 Mann. Den Einsatz vor Ort leitete nach Anweisung
der Bergbeamten der jeweilige Oberführer. Im Laufe der Jahre – die
Wehr wurde etwa 1933 aufgestellt – waren das folgende Ober-, Fahr-, Revier-
oder Grubensteiger: Hermann Fleisch, Gerhard Elsner, Willi Herr, Willi
Rögener, Rudolf Fricke, Claus Messerschmidt, Werner Manthey, Wilfried
Schubert und Klaus Lustig. Sie bildeten ihre Einsatztruppe praktisch und
theoretisch aus.
Zur
Kameradschaft gehörte Kraft und Können. Der Einsatztrupp 1 (ein
Gruppenführer und vier Mann) erkundete die Strecke, nahm eine Gasanalyse
vor, verlegte eine Telefonleitung, hatte also Kontakt mit der Einsatzleitung
über Tage; weitere vorrückende Gruppen konnten sich in diese
Sprechleitung einzapfen. Verunglückte suchen in verqualmten Grubenbauen,
sie bergen und versorgen, weiß Gott nicht einfach.
Brandbekämpfung
und Branddammbau war Sache weiterer Trupps. Einen Zweizentnermann im engen
Rolloch, 80 bis 100 cm Durchmesser, senkrecht auf Fahrten (Leitern) von
Sohle zu Sohle hieven – jeweils 40 m (im Alu-Schleifkorb); da purzelten
bei den Rettern die Kilo.
Das
auf dem Rücken getragene Bergbau- Gasschutzmodell 160 A wog 17,4 kg
(die letzten neuen BG 172 = 12 kg). Diese Geräte versorgen den Wehrmann
mit reinem Sauerstoff vermittels einer konstanten Dosierung von 1,5 Liter/min;
eine lungenautomatische Steuerung liefert bei Bedarf auch ein mehr. Im
Kreislauf zwischengeschaltet, hält eine Alkalipatrone den Atemluftfluß
sauber; somit ist der Geräteträger für 3 bis 4 Stunden von
der ihnen umgebenden, nicht atembaren Luft völlig unabhängig. |
Ortskenntnisse
in anderen Gruben wurden dort während Fahrschichten oder Alarmübungen
gesammelt. Kali-Abbaufelder mit Räumen eines Fußballplatzes
und Höhen für Dome geeignet – überraschten. Im Steinkohlebergwerk,
liegender Abbau eines 40 – 50 cm hohen Flözes, lief das Wasser hinten
im Nacken unter der Kleidung und aus dem Hosenbein wieder heraus (Beckedorf/Schaumburger
Mulde).
Wieder
eine ganz andere Welt am Samson-Schacht in St. Andreasberg. Hier betrieb
man Erzbergbau zwischen 1521 und 1930; Teufe um 800 m. Zwischenzeitliche
Erfindungen: der Harzer Bergmeister Dörell 1833 die Fahrkunst; der
Oberbergrat Albert, Clausthal, das Drahtseil 1834; ermöglichten hier
1867 die verbesserte Drahtseilfahrkunst einzubauen. Der Hammer: Dieses
letzte, Original erhaltene, voll funktionierende technische Denkmal – welches
die Einfahrt oder Ausfahrt von vielleicht 3 h auf 30 min reduzierte – durften
wir befahren. Fahrten (Leitern) hatten ausgedient. Bergleute brauchten
nicht mehr eine Woche im Schacht vegetieren....
Die
Schacht-Fahrkunst wurde über ein Mammut-Wasserrad von 11,50 m Durchmesser
angetrieben und versetzte ein Feldgestänge in eine Hin- und Herbewegung
– ein über den Schacht befindliches Kunstkreuz steuerte die Bewegung
in eine Auf- und Ab-Richtung um. Vom Kunstkreuz führten zwei parallele
Seile eines Gestänges in den Schacht: hier sind die Aufsteig-Trittbrettchen
und die Haltegriffe für den Fahrenden angebracht. Während der
Fahrt wird im Wechsel von einem Kunstgestänge auf das andere – die
Reihenfolge strikt einhaltend! – umgestiegen. Hubhöhe immer 1,60 m;
Umsteigehalt 1 sec; Schachtneigung 85 Grad. – Das ist kein Pappenstiel....
Nun,
führte uns – unter Nutzung eines offenen Karbid-Geleuchts – kein Geringerer
als der Oberbergrat Herbert Dennert, vom Oberbergamt Clausthal, auch ein
Buchautor, leider 1994 verstorben – mit 91 Jahren.
Freilich
ist der Antrieb inzwischen elektrizifiert. Wir fuhren ein zum Grüner-Hirsch-Stollen,
130 m Teufe – zum Silberstollen, 190 m Teufe. In diesen ehemaligen Wasserlösestollen
sind Stromerzeugungskraftwerke installiert, die noch arbeiten und befahren
werden. – Nach einer abermaligen Einfahrt habe ich mich nicht gesehnt –
wohl eher nach dem anschließenden tollen, verdienten, gemeinsamen
Schärperfrühstück mit Herrn Oberbergrat Dennert – und seiner
Clausthaler harten Schlackwurst.
Auf
Grund unserer technischen Ausstattung konnten wir manchen Silikosen-Erkrankten
unserer Vätergenerationen Erleichterung im Leid verschaffen und damals
– mehrmals – unserer Ortsärzten Dr. med. Wiese und Dr. med. Rübberdt
behilflich sein. –
Willi
Wagener |