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Bad Grund in Anekdoten, Berichten & Gedichten von Willi WagenerSeite 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 | 16 | 17 |
Rettung aus Not – Oberstes Gebot
Die Ruinen-Anlage der Stauffenburg bei Gittelde inmitten einer wunderschönen Waldregion.
Die Grubenrettungsmannschaft des Erzbergwerks Grund stand einst im hohen Ansehen, sowohl bei den hohen Beamten des Oberbergamtes Clausthal – als auch bei der Leitung der Niedersächsischen Hauptstelle für das Grubenrettungswesen Clausthal. Sie war nicht nur für unsere Grube Hilfe Gottes zuständig, sondern auch erste Hilfeleistungswehr für Nachbar-Zechen. Sie setzte sich aus Bergleuten zusammen, die sich freiwillig gemeldet hatten, das ärztliche Gesundheitszeugnis mitbrachten, Kameradschaft lebten und für die Angst ein Fremdwort war.
Eine der beiden altehrwürdigen Kirchen der Ortschaft - die St. Mauritius-Kirche
Im Alarmfall waren sie binnen Minuten zur Stelle, egal ob man sie von Zuhause rief oder aus der Grube holte. Kommandos regelten die Einsatzfähigkeit. Jede Grube hatte eine Wehr zu unterhalten, deren Stärke sich nach Belegschaftszahl und Gefahrencharakter richtete. Die Maximalstärke der Grundner Wehr betrug 30 Mann. Den Einsatz vor Ort leitete nach Anweisung der Bergbeamten der jeweilige Oberführer. Im Laufe der Jahre – die Wehr wurde etwa 1933 aufgestellt – waren das folgende Ober-, Fahr-, Revier- oder Grubensteiger: Hermann Fleisch, Gerhard Elsner, Willi Herr, Willi Rögener, Rudolf Fricke, Claus Messerschmidt, Werner Manthey, Wilfried Schubert und Klaus Lustig. Sie bildeten ihre Einsatztruppe praktisch und theoretisch aus.
Zur Kameradschaft gehörte Kraft und Können. Der Einsatztrupp 1 (ein Gruppenführer und vier Mann) erkundete die Strecke, nahm eine Gasanalyse vor, verlegte eine Telefonleitung, hatte also Kontakt mit der Einsatzleitung über Tage; weitere vorrückende Gruppen konnten sich in diese Sprechleitung einzapfen. Verunglückte suchen in verqualmten Grubenbauen, sie bergen und versorgen, weiß Gott nicht einfach.

Brandbekämpfung und Branddammbau war Sache weiterer Trupps. Einen Zweizentnermann im engen Rolloch, 80 bis 100 cm Durchmesser, senkrecht auf Fahrten (Leitern) von Sohle zu Sohle hieven – jeweils 40 m (im Alu-Schleifkorb); da purzelten bei den Rettern die Kilo.
Das auf dem Rücken getragene Bergbau- Gasschutzmodell 160 A wog 17,4 kg (die letzten neuen BG 172 = 12 kg). Diese Geräte versorgen den Wehrmann mit reinem Sauerstoff vermittels einer konstanten Dosierung von 1,5 Liter/min; eine lungenautomatische Steuerung liefert bei Bedarf auch ein mehr. Im Kreislauf zwischengeschaltet, hält eine Alkalipatrone den Atemluftfluß sauber; somit ist der Geräteträger für 3 bis 4 Stunden von der ihnen umgebenden, nicht atembaren Luft völlig unabhängig.
Ortskenntnisse in anderen Gruben wurden dort während Fahrschichten oder Alarmübungen gesammelt. Kali-Abbaufelder mit Räumen eines Fußballplatzes und Höhen für Dome geeignet – überraschten. Im Steinkohlebergwerk, liegender Abbau eines 40 – 50 cm hohen Flözes, lief das Wasser hinten im Nacken unter der Kleidung und aus dem Hosenbein wieder heraus (Beckedorf/Schaumburger Mulde).

Wieder eine ganz andere Welt am Samson-Schacht in St. Andreasberg. Hier betrieb man Erzbergbau zwischen 1521 und 1930; Teufe um 800 m. Zwischenzeitliche Erfindungen: der Harzer Bergmeister Dörell 1833 die Fahrkunst; der Oberbergrat Albert, Clausthal, das Drahtseil 1834; ermöglichten hier 1867 die verbesserte Drahtseilfahrkunst einzubauen. Der Hammer: Dieses letzte, Original erhaltene, voll funktionierende technische Denkmal – welches die Einfahrt oder Ausfahrt von vielleicht 3 h auf 30 min reduzierte – durften wir befahren. Fahrten (Leitern) hatten ausgedient. Bergleute brauchten nicht mehr eine Woche im Schacht vegetieren....

Die Schacht-Fahrkunst wurde über ein Mammut-Wasserrad von 11,50 m Durchmesser angetrieben und versetzte ein Feldgestänge in eine Hin- und Herbewegung – ein über den Schacht befindliches Kunstkreuz steuerte die Bewegung in eine Auf- und Ab-Richtung um. Vom Kunstkreuz führten zwei parallele Seile eines Gestänges in den Schacht: hier sind die Aufsteig-Trittbrettchen und die Haltegriffe für den Fahrenden angebracht. Während der Fahrt wird im Wechsel von einem Kunstgestänge auf das andere – die Reihenfolge strikt einhaltend! – umgestiegen. Hubhöhe immer 1,60 m; Umsteigehalt 1 sec; Schachtneigung 85 Grad. – Das ist kein Pappenstiel....
Gittelde – Der Ort im schönsten Wiesengrunde
Nun, führte uns – unter Nutzung eines offenen Karbid-Geleuchts – kein Geringerer als der Oberbergrat Herbert Dennert, vom Oberbergamt Clausthal, auch ein Buchautor, leider 1994 verstorben – mit 91 Jahren.

Freilich ist der Antrieb inzwischen elektrizifiert. Wir fuhren ein zum Grüner-Hirsch-Stollen, 130 m Teufe – zum Silberstollen, 190 m Teufe. In diesen ehemaligen Wasserlösestollen sind Stromerzeugungskraftwerke installiert, die noch arbeiten und befahren werden. – Nach einer abermaligen Einfahrt habe ich mich nicht gesehnt – wohl eher nach dem anschließenden tollen, verdienten, gemeinsamen Schärperfrühstück mit Herrn Oberbergrat Dennert – und seiner Clausthaler harten Schlackwurst.
Das Ernst-August-Stollen-Mundloch - eine Ehrenpforte
Auf Grund unserer technischen Ausstattung konnten wir manchen Silikosen-Erkrankten unserer Vätergenerationen Erleichterung im Leid verschaffen und damals – mehrmals – unserer Ortsärzten Dr. med. Wiese und Dr. med. Rübberdt behilflich sein. –

Willi Wagener

Im Leben geht alles vorüber (nicht die Erinnerung!) –
Bergbau ade! Grubenwehr ade! Aber dennoch: Glückauf!“
Fotos: W. Wagenerr
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