Rückblick
Auch
wir Älteren waren einmal jung
Und liebten
so sehr das Leben.
Wir schätzten
die Welt, die so klar – so bunt-
Und wollten
uns gern in ihr bewegen.
Das hieß
auch Aufbruch und Wandern,
Abschiednehmen
und Schreiten ins Unbekannte;
Erkennen,
was zuvor Eltern benannten,
weil unser
Glück in ihnen brannte.
Unser Optimismus
mündete im Singen;
Groß
war die Freude selbst an kleinsten Dingen.
Märchen
und Mythen waren groß geschrieben –
Und Himmelsschlüsselchen
waren Grund zum Lieben!
Es waren Zeiten,
in denen Blicke und Bände sprachen.
Die Menschen
in den Vereinen noch ein Stück Heimat sahen, in denen man entzückt
neue Erdenbürger wiegte –
Und im Stall
seine Haustiere liebte.
Der liebe
Gott war nicht beiseite gestellt
Und seine
Engel behüteten unsere Welt. |
Zum
Frohsein, zum Gutsein, bedurfte es nicht viel:
Und war wir
auch planten, es hatte ein Ziel.
Arbeit war
ein Stück aller und machte noch Spaß!
Warum? Weil
auf ihr gewisser Segen sag!
Nun sind wir
alt geworden,
haben Zeiträume
durchschritten.
glauben dennoch
an Heil’, an einen Morgen,
spüren
manchmal den Himmel in naher Mitten.
Und ich, ich
denke gerne nach
Über
einen verbürgten Satz; den der Reitergeneral
Joachim von
Ziethen
zu Friedrich
dem Großen, seinen König,
in betrübter
Stunde sprach:
„Ihre Majestät:
Mein Lächeln, mein Mut und Frieden,
beruht nicht
auf das Auffinden von Alliierten!
Meine Husaren
und ich, wir wissen doch:
Der Alte dort
oben – der lebt doch noch!“ |
Manchmal
is dat Lewen schwoar....
En
Paule ßeine Fraue was in den Himmel awgerufen,
hei herre
seß Kinner, un moßte seck ne neue suchen.
Un weil he
sek düchtig ümmesach,
fehl för
ehn auch balle ehne aw.
De Kinner
met de Neuen chaut torechte kam,
bit upp den
Jüngsten, den Kallemann.
Kamm se nah,
verzog hei ßein Gesicht.
Hei mochte
de neue Mama nicht.
Et half kein
Anfratzen, auch kein Bitten,
dat Wuart
„Mama“ ching nich uwer de Lippen.
Dat das sau
schwoar was,
herrn se alle
nich jedacht.
Man ching
tauern Pastor, de wusste doch Rat.
Der: „Stellt
den Jungen mit einer Aufgabe ab,
so dass er
im Notfall Mama sagt!“
Gesächt,
gedan, man ching e an.
Upp den chruten
Herd schleppte man
De Melleksupp
im Pott heran.
Holzscheite
knisterterten, de Uhlen kicherten. |
Um
des kleinen Trotz zu besiegen,
ward er in
seine Aufgabe eingewiesen:
„De Ellern
chat jetz innen Stall,
füttern
dat Vieh.
Dau bliwst
an Herd, un baßt upp de Milch.
Wei daut feste
upp deck bauen.
Wenn de Mellek
kuket,
moßt
dau de Mutter raupen!“
Die Milch
klettert schnell im Kochtopf herauf.
Das unbezwingbare
Schicksal nahm seinen Lauf...
Schon gellt
vom Küchenfenster gen Stall ein Schrei-
Man meint,
hier ruft jemand die Götter herbei,
Kallemann
ist’s, der kleine Rufer:
„Mien Vadder
ßeine zweite Fraue,
de Mellek
kuket uwer!“
De Nachbarn
versammelt seck uppen Hof,
es war zu
vernehmen:
„Da lachste
deck kapott...!“
Nau, immerhin,
de Kleine herre ßeine Pflicht jedahn;
Drumme behüten
wei de Anjelegenheit bei esch-
Un werden
es nicht weitersag’n! |
„Lank,
lank, isset här...“!
Alsau
ause Barchverwalter (unser Bergverwalter) uppe Chraube (auf der Grube)
„Hilfe Gottes“ hät (hieß) Mäncke. De herre bannich wat
to seggen (der hatte bannig viel zu sagen)
Un dat daat
he uk (und das tat er auch):
Raukverbut
inne Chraube (Rauchverbot in der Grube).
Un brommt
erwische he den (und prompt erwischte er den) Brauns Hermanne un den Wourms
August beim Smieken (beim Rauchen) De Strate n halben Schichtluhne (ein
halben Schichtlohn). Dat dat wah (Das tat weh.) Do August vatelle dat n
Mancke ßaine Fraue (Doch August erzählte das den Mancke seine
Frau.) Dor hern se ihre Piepen weller (Da hatten sie ihr Geld wieder.)
As eck uppe
11. Sohle. Imme Wästfeld Bause make (Als ich auf der 11. Suhle im
Westfeld Pause mache), kümmt d uhle Winkel Hermann datau (kommt der
alte Winkel Hermann dazu.) De konne ümmer ßau chau voner Wannertied
vertellen (Der konnte immer so gut von der Wanderzeit erzählen): „Alsau
as eck anne Waldranne sitte (Also als ich am Waldrand sitze), meck vahuhle
(mich erhole), kümmt meck do ahner doher (kommt mir doch einer daher),
mett’n kapottem Haut uppen Würsing (mit einem kaputten Hut auf dem
Kopf), Huse herre n Dorchpfitt (Hose hatte Löcher) Latschern zarissen
anne Mauken (Schuhe zerrissen an den Füßen), Utensilienbeutel
ümjehängt |
und
fröcht meck (fragt mich) na n Berauf und Herkunft (nach dem Beruf
und Herkunft).) Eck wolle von ehrm datsilbe wetten (Ich wollte von ihm
dasselbe wissen). Sächt de (sagt der) Eck bün Berch- und Dalvervalter
(Ich bin Berg- und Talverwalter!) ßaun Streckenklaun! (So ein Streckenclown.)
Aß de
Brauns Hermanne smieden täe (Als der Bruns Hermann schmieden tat),
laschet errm de Reichert (schlägt ihm der Richard) ähne uppen
Daumen (einen auf den Daumen) sau mett Smackes (so mit Gewalt) ching awer
sofurt inne Deckung (ging aber sofort in Deckung) von wäche d Retauerkotsche
(wegen einer Retourkutsche). Nüscht doe (Nichts da.). Hermanne nümmt
den blauen Daumen inne Schnüß (Hermann nimmt den blauen Daumen
in den Mund.). Danzet ümme n Amboß (tanzt um den Anmboß)
un singet (und singt) „Eck könne deck küssen ... (Ich könnte
dich küssen.)!
Alsau, wenn
se betten Swerrigkaiten met’n Lesen hawwet: Düs is no de uhle Sreibwaise!
De herre eck bi, mienen Schaullehrer Otto Harenberg gelehrt! Eck was chaut!
Wenne mine Dikdat no sach, schla he ümmer de Hänne uwern Koppe
taußammen und säh: „Ach –du meine Güte!“ Dat präzisierte
ause Rektor Schumann: „Dau büst de Lüchte de ärsten Klasse!“
Chaut-watt? ßau ist datt! We hätt-de hätt! |
Ein
Silbenrätsel: „Fursicht metten Ballermann!“ - Wem gehört
der Hut? Ehrlich!
Mien
Vadder ching tauern luhne vonner Lohnbuchhaltung, tau Foß, metten
Cheldrucksacke uppen Buckel, na Silbernaal, tauern Medingschacht.
Jedanken moke
hei seck nich ne Bohne,
er et ja kaner
nen annern wat,
un vonne Chelde
kreijen se ja fast alle dat Chleiche af.
Allet ching
per „Dau“, jeder herre sainen Spitznamen.
Dat Lewen
jefiel, un se herren ihren Spaß.
Aß dann
dat Luhne vörbei was för den uhlen Mann,
kam nen Jüngerer,
de Kemstedten Wolfchange dran.
Nau chalt:
Paßunenschutze, ok för das Salär,
ne Bistole,
nen Ballermann moßte her.
Do datt hätt
no nicht ausjereicht,
en Audo, Fahrer
un nen Polezist wörn uk dabaie.
Nau wolle
man sek inne Ärstfalle nich plamiern –
Man moßte
de Bistole, sauern Schietding, ausprobieren.
Se hult alßau
uppen Daternplatze an,
de Polezist
rauter, hinner her de Wolfchang.
De Wachtmeister
hät de Waffe – er schießt tauer erst –
De Wolfchang
was ja no nich ähnmal baim Milidär.
Sie stahet
dicht beieinanner, de Schutzmann lächt an –
Et daut ennen
Dunnerschlach – ähn Schrai as Antwurt dann.
Sei herren
do de Windrichtunje nich berechnet,
nau herren
se det Schietgas sülves inne Fresse ....
De Auren brennen,
de Luft is chlatt weg,
saunen Schiet,
saunen Schreck...
Hoffentlich
hätt kainer taujeschaut,
de baiden
danzen wai nen Innianer um den Johannisbaum....
Vom Schuten
herrn se de Nase vull,
sau vachet
de Appetit;
awer konne
et denn anners kumme,
wenn de Pollezist
Wunderlich hieß?! |
Wird
vor einem Fest
viel Bier
zugesprochen und auch dem Klaren,
fühlt
man sich am Folgetage schlecht,
man hängt
durch und möchte schlafen.
Zwar reißt
man sich zusammen.
So gut es
geht, so gut man kann.
Nur keine
Pannen! Nur keine Pannen!
Auch nicht
von einem rechten Bergmann! –
Ihr Festtag:
Ihr Zug schwenkt in die Kirche ein,
man ist ein
wenig stolz wie ein Ritter.
So empfindet’s
auch der Hauer Heinz,
sein Spitznahme
der „Warnecke-Ripper“.
Zwar ist die
Predigt gehaltvoll und gut,
doch an Heinzelmann
zieht sie vorbei,
ihm fallen
die Augen zu, immer wieder zu.
Im Traum ist
er noch beim gestrigen Bewirten,
es ist hier
so wunderschön im Hause des guten Hirten.
Jetzt Kollekten-Choral,
Klingebeutels Runde.
Doch der Ripper
pennt – nicht seine Stunde!
Vorsorglich
stoßen ihn Kameraden an:
„Mensch! Wach
auf! Werde wach – Mann!“
Ein wenig
öffnen sich Augen, Heinz rauft die Haare,
doch – was
soll das Ding da vor meiner Nase?
Es blitzt
auf in seinem ehrlichen Gesicht
Und stellt
fest: „Mein Hut isset nich!! |
Otto
– ein Gentleman
De
Chraubenarbt was nie n Pappenstiel
un Staup un
Schwaiß den chaw et viel.
Kumet de Männer
annes Dachelicht,
waß
dat Duschen schönste Pflicht.
UK för
Beßeuka Reinlichkait
Stand ne Rieje
Wannen berait.
Dat waß
uk de Obrichtfrauen Pläsier,
tauern Baden
kammen sie Samstag no hier.-
Dor dachten
sek de Sani, Pförtner,
Kompressorenwärter
und Kauenmann wat aus,
unne fanden
de Lösunge wai man da tau schaut.
En Loche moßte
her, inne Decke unne Bretterwand,
un ßau
vaschlachen, dat niemand wat fand.
Chaut! Unne
wenn nau de Badenixen kamen,
ause veire
schon uppe lauer laren. |
O
– war dat scheen – Frauen baim Baden tautausehn.
Hübsche
Sachen, wenn de Plitsche-Platsche machen.
De Nixen herrn
uk kaine Aile –
De Gucka jenossen
düsse Weile...
Naur, för
Scheener iß es oft balle Schluß:
Auch haier
bassierte, wat moal kümen mot:
Den Oberen
ßaine Fraue moßte moat nießen-
Otto raupet
„Jesondheit“ – et was tauern schießen!
Inner Zelle
– oh wai, oh wai-
De Nackote
ümme Hülfe schreit...
De hewwet
et ihren Männern jesat,
un de hewwet
nen bannigen Knatsch gemacht.
För das
Löcher-tauer-moken inner Wand,
moßte
Montags de Maurer ran.
Nüscht
meer waß et metten Badenixen-Lachen.
Jetzt moßten
se erst mal för ne Wiele
chans, chans
klane Brötchen backen. |
Noch
ein Silbenrätsel: Schweigen ist Silber.
Da
Michael kimmt vonne Festiväll na Haus,
das Juchendzeltlacher
uppe grüne Weische was aus.
Met ßülvestverflächunge,
Gedränke, unnen Chrill,
herrn se ihr
Fräten, unnen Dorscht gestillt,
Weil nau Chlasflaschen
uppe Weische vabuten,
herrn de Bengels
korz beschluten:
Alkohol wörd
inne Plastikflasche ümmejechuten.-
De Modder
ßordiert des Heimkährers ßaftladen,
es gaw waiter
nüscht tauer fraren.
Aine Flasche
is no draiviertel voll.
Modder denk:
upp de Blaumen – is ja toll.
Erkannt, jedan,
do wat ist dat?
Alle Blaumen
maket schlapp. |
Erscht
beschänken, dann Köppehängen?
Modder socht
am leibsten das Weite,
de chanze
Wohnunge stinket no Kneipe!
Da gucket
se no mal genau uppe Flasche hin,
staht da uppen
Boden: „Vorsicht Gin.“
Schnell wörn
nau die Blaumen ummegefüllt.
De Binken
hern jenauch n Dorscht gestillt.
Kinners, Kinners,
ist dat ne Welt:
Nau staht
de Blaumen inne Ausnüchterungs-Zelt!-
Un et schweigt
det Sängers Höflichkeit,
et mot niemand
geniern;
et cheht schließlich
niemand was an,
wat eine meiner
Döchter passiert! |
Willi Wagener
|