Ein
Bad Grundner Original - Louis Schramm
- Zum
Andenken an meinen Großvater -
Mein
Großvater Louis Schramm wurde im Jahre 1878 in Bad Grund auf der
Zeche (jetzt Hübichweg) in seinem Elternhaus geboren, wo er auch seine
Kindheit und Jugend verbrachte. Nach seiner Hochzeit zog er mit seiner
Familie in die alte Oberförsterei am Hübichweg. Mein Großvater
war Waldarbeiter und beim Forstamt Grund beschäftigt. Als seine Frau,
meine Großmutter Frieda, im Jahre 1936 verstarb, zog er 1937 zu Tochter
und Schwiegersohn Frieda und Wilhelm Lepa ins Haus meiner Eltern am Knesebecker
Weg. Er half meinen Eltern in ihrem neugebauten Haus und Garten.
Bei
Wind und Wetter leistete er Schwerstarbeit im staatlichen Forstbetrieb.
Er war aber kein Kind von Traurigkeit. Auch sonntags zog es ihn schon früh
am Morgen in den Wald. Er liebte die Natur. Während des Krieges brachte
er oft den Kriegsgefangenen am Winterberg heimlich etwas zu essen, obwohl
das strengstens verboten war. Er kannte die Bewacher genau und passte den
Zeitpunkt ab, wenn Ludwig Gotthardt Dienst tat.
Er
steckte dann an einer bestimmten Stelle das Brot unter dem Stacheldrahtzaun
hindurch, und Gotthard ließ es geschehen. Ludwig Gotthardt war ein
guter Mensch und bei den Gefangenen sehr beliebt. Er wohnte mit seiner
Familie am Hübichweg und hatte dort eine Böttcherei. Der zweite
Bewacher war streng und unbeliebt. Trotz Verwarnung ging mein Großvater
immer wieder mit gefülltem Rucksack zum Winterberg, einmal war ich
auch mit von der Partie.
In
der damaligen Zeit war es sehr gefährlich, wenn man erwischt wurde.
Ich fand es sehr mutig von meinem Opa, dass er sich nicht einschüchtern
ließ. Als im Frühjahr 1945 die Amerikaner nahten, wurden die
Gefangenen vor dem Einmarsch abgeführt, und ein junger Mann aus dem
Lager kam zu uns nach Hause und bedankte sich noch einmal für alles
bei meinem Großvater.
Als
1945
mein Vater in Ausübung seines Berufes (er war Postbeamter im Fernmeldedienst)
durch eine Tellermine im Hellertal bei Altenau tödlich verunglückte,
vertrat mein Opa Vaterstelle an seinen 10 und 4 Jahre alten Großtöchtern
Edith und Irmgard. |
Ich
habe in meiner Kindheit viel von ihm gelernt. Er sorgte für uns alle.
Mittwochs ging er immer zum Wurstbinden in die Schlachterei Sievert. Dort
hat man auch mit ihm so manchen Spaß erlebt.
Anfang
der fünfziger Jahre kamen wieder viele Gäste nach Bad Grund.
Mein Großvater brachte regelmäßig Fichtenhecke (die er
auf dem Rücken trug) ins Kurbadehaus und dort wurden Fichtennadelbäder
verabreicht.
Doch
jeden Sonntag, den der liebe Gott werden ließ, führte ihn sein
Weg über den Roland, durch das Teufelstal zu seinem geliebten Iberger
Kaffeehaus. Am Stammtisch durfte das Schlitzohr Louis auf keinen Fall fehlen,
er hatte immer den Schalk im Nacken und war auch von Bier und Schnaps nicht
abgeneigt.
Nach
dem 2. Weltkrieg ließ der Wirt des Iberger Kaffeehauses Hermann Thiele,
die Attraktion der Bergstadt wieder aufleben, die bereits vor dem Krieg
für viele Einwohner und Gäste eine Sensation war, das Schneeballwerfen
im Sommer mit natürlichem Schnee. Ein Schneemann wurde aufgebaut und
mein Großvater fungierte als Scharfrichter in Frack und Zylinder
mit einer weißen Nelke im Knopfloch.Nach einer letzten Rede enthauptete
er den Schneemann und die Schneeballschlacht konnte beginnen. Das war immer
eine Gaudi. Für diese Tätigkeit bekam er damals 5 Mark, die jedoch
am Stammtisch niemals ausreichten, doch meine Schwester und ich bekamen
jedes Mal eine Tafel Schokolade davon ab.
Im
Oktober 1956 trugen wir meinen Großvater auf dem Bad Grundner Friedhof
zu Grabe. Er war ein Grundner Original.
Edith Auberg
geb. Schramm
|