Der letzte Förderwagen berichtet • Bergbauliches von Wilhelm Rögener • Seite 32

Seiten:
1: L. Förderwagen
2: Grenze v. 1788
3: Grenze v. 1788 (2)
4: Grenzstein
5: Eichelbachtal
6: Taubenborn
7: N. Iberg Stollen
8: Gesteinslehrpfad
9: Georg-Carler-St.
10: Ibgr. Flügelort (1)
11: Ibgr. Flügelort (2)
12: Ibrg. Flügelort (3)
13: Eisensteinstollen
14: Johann J. Bartels
15: Wasserkunst
16: Die Obermühle
17: Aufschlagwasser
18: Aufschlagw. (2)
19: Aufschlagw. (3)
20: Todtemann-Teich
21: Erinnerungsstein
22: T. Georg-Stollen
23: E.- A.-Stollen
24: EAS geol. Profil
25: Laubhütter Stoll.
26: Laubhütter St. (2)
27: Laubhütter St. (3)
28: Wasserlösung
29: Lichtlöcher Iberg
30: Hydrokompressor
31: Grunder Revier
32: L. Durchschlag
33: Grunder Revier
34: Gr. Bergrevier (3)
35: Gr. Bergrevier (4)
36: Prof. Dr. M. Reich
37: Lichtlöcher
38: Standort (1)
39: Standort (2)
40: Standort (3)
41: Fr. W. H. v.Trebra
42: Trebra - Teil II
43: Ansatzpunkte
44: Weltkulturerbe
45: Anlagegebiete
46: Demo. 27.10.98
47: Weltkulturerbe (2)
48: "Blaue Villa"
49: Butterbergtunnel
50: Wasserkunstanl.
51: Wasserkunst (2)
52: Gesteinspfad
53: Gesteinspfad (2)
54: Hahneb. Graben
55: Schulte-Stollen
56: Pelicaner Suchort
57: 3. Lichtloch TGS
58: 3. Lichtloch (2)
59: Zechenhaus 4.L.
60: Kolloquium
61: Achenb.-Schacht
62: Montanteiche
63: Montanteiche (2)
••• SONDERSEITE
64: Nachlese Kolloq.
65: Längenermittlung
66: Längenerm. (2)
67: Längenerm. (3)
68: Reise Förderturm
(W. R., Aug. 2009) Für den Oberharzer Bergbau war der 5. September 1799 ein bedeutender Tag, denn mit dem letzten Stollendurchschlag war das angestrebte Ziel erreicht und der Tiefe Georg-Stollen war funktionsfähig geworden.
den 5ten 7br. (September) 1799
Bey dem Letzten Durchschlag
des Tieffen Georg Stoln, denselbigen Abendt.

Komt Freunde gehet mit, Eilt hin nach jenen Höhen
Fahrt ein im Bauerberg, Ihr könt was Wichtigs sehen,
Fahrt auf den Tieffen Stoln, da werdet Ihr erfahre
was heute ist geschehn, nach 22 Jahren.

Der Durchschlag ist gemacht, der weg ist nun mehr offen,
Von West nach osten hin, ist alles zugetroffen,
Wo aber ist der Mann, der damahls voller Freuden,
den Ersten Schlag gethan, vor vielen Tausend Leuten.

Er ist nicht mehr und sind, acht Jahre schon verstrichen,
Nach jener Trauer Post, er sey von uns gewichen
Wie sehr uns dieses kränkt, so hat uns nun ergötzt,
dass Gott uns den verlust, durch Meding gantz ersetzt.

Es geh dem König Wohl, und auch dem gantzen Lande,
Und unsrer obrigkeit, in jedem Amt und Stande,
Der Höchste Seegne Sie, und gebe Seyn Gedeihen,
Dass Groß und Kleine sich, des Tieffen Stollen freun.

Es Lebe Medings Hauß, Es Leben Groß und Kleine,
Ein jeder Stimt mir Bey, ich Wünsch es nicht Alleine,
Es muß stets Grünen Blühn, Groß werden und Groß Bleiben
Mit allen welche sich von diesem Stamme schreiben.

Glück Auff.

Es konnten eingestellte Gruben im Clausthaler Revier wieder belegt werden, weil das Problem der Wasserlösung gelöst war (wenn auch vorerst, denn bereits 1803 wurde mit dem Vorläufer des Ernst-August-Stollens, der sogenannten Tiefen Wasserstrecke, begonnen).
In einem Clausthaler Bergamtsprotokoll des Quartals Luciae, von 1799, hat der Vice Oberbergmeister Haberland „angezeigt“, dass der am 26. Juli 1777 angefangene Tiefe Georg-Stollen am 5. September 1799, am Nachmittag um halb 4 Uhr, „völlig“ zum Durchschlag gebracht worden ist. 22 Jahre, ein Monat und elf Tage wurde an dem Stollen gebaut, so die Eintragung im Protokoll.
Als einziger der Bergamtsbedientesten der schon beim Anschlagen des Stollens dabei war, hat der Oberbergmeister Georg Andreas Steltzner das glückliche Ereignis des Durchschlags erlebt. Steltzner war es auch, der zusammen mit dem Geschworenen Julius Heinrich Steltzner über das 3. Lichtloch angefahren war, um den am letzten Durchschlag beteiligten Bergleuten ein lautes und freudiges „Glückauf“ zuzurufen, nachdem die Schießschwaden abgezogen und der Durchschlag erkennbar war. An der innigen Freude vor Ort konnte auch der einzige noch lebende Bergmann Schmidt, aus der Bergstadt Grund, der wie Oberbergmeister Steltzner schon beim Anschlagen des Stollens dabei war, teilhaben.
Nach der Inspektion des Durchschlagspunktes führte Steltzners Fahrweg über das 1. Lichtloch wieder nach über Tage. Am gleichen Abend muss Steltzner dieser ereignisreiche Tag noch tief berührt haben, denn er brachte seine Gedanken in Versform, die handschriftlich vorliegen (Akte Bergarchiv CLZ. 1112/32) und Bestandteil dieses Berichts sind. Die hier vorgelegte Wiedergabe entspricht dem Original, es wurden keine Umänderungen vorgenommen.
Zur Biografie von Steltzner: Er wurde 1725 als Sohn eines Obersteigers in Clausthal geboren. Seine bergmännische Laufbahn begann er im Alter von zwölf Jahren als Pochjunge in Clausthal. Und daran anschließend erfolgte die Tätigkeit als Kunstknecht, worunter Wartungs- und Reparaturarbeiten an Wasserkunstanlagen zu verstehen sind. Im Jahre 1751 wurde er zum Untersteiger ernannt und fast im Eiltempo hat er dann sämtliche Führungspositionen wie die des Einfahrers, Geschworenen, Obergeschworenen, Unterbergmeister, Bergmeister, Vice-Oberbergmeister durchlaufen, bis er dann 1771 zum Oberbergmeister ernannt wurde, ein Amt, das er bis 1797 ausgeübt hat. In diesem Jahr endete sein erfolgreiches, aktives Berufsleben.
Auf 800 Seiten hat Steltzner für die Nachwelt eine undatierte Schrift hinterlassen, die aufzeigt, mit welchen Problemen er sich in seinem langen Berufsleben auseinander gesetzt hat.
Früh war bei ihm die Erkenntnis gereift, dass der Oberharzer Bergbau nur mit Hilfe eines neuen tiefen Stollens weiterleben kann. Und so war er ab 1771 in die Planung dieses Stollens mit eingebunden. Ab 1777 war er dann für die Stollenauffahrung voll verantwortlich.
Oberbergmeister Steltzner gehört somit ohne Zweifel mit zu den ganz großen Persönlichkeiten, die der Oberharzer Bergbau hervor gebracht hat.
Heute stellt sich die Frage, was wäre aus dem Oberharzer Bergbau überhaupt geworden, wenn nicht dieser Stollen und man muss hier auch den Ernst-August-Stollen mit einbeziehen, getrieben worden wäre. Wie hätte sich der Bergbau im Grunder Revier überhaupt weiter entwickelt? Wahrscheinlich nicht in der Form, wie er sich bis zur Stilllegung des Bergbaus in Grund, im Jahre 1992, vollzogen hat.
Deshalb dürfte es für die Nachwelt eine besondere Verpflichtung sein, dass immer wieder auf die Spuren der bergbaulichen Großbauwerke des Oberharzer Reviers verwiesen wird. Für die heutige Bergstadt Bad Grund Harz trifft dieses besonders deshalb zu, weil das Mundloch des Tiefen Georg-Stollens direkt im Ortsbereich liegt.
So war es der langjährige Direktor der Harzwasserwerke, Dr. Martin Schmidt, der unter Mithilfe des Verfassers, einen „WasserWanderWeg“ im Grunder Bergrevier hat anlegen lassen. Auf dem Wanderweg liegende besondere Punkte, wie die Lichtlöcher 4, 5, 6 und das Stollenmundloch, werden auf Informationstafeln erläutert.
Weiter hat die Arbeitsgemeinschaft Harzer Montangeschichte aus Clausthal-Zellerfeld, den letzten Durchschlagspunkt des Tiefen Georg-Stollens durch eine Dennert Tafel und eine markierte Gesteinsbrocke gekennzeichnet. Diese Kennzeichnungsstelle liegt am Kreuzbachweg, ca. 1800 m vom Taternplatz in Richtung ehemalige Bleihütte Claus-thal entfernt.
In mühevoller Kleinarbeit haben der damalige Leiter der Vermessungs- und Katasterbehörde Harz, Vermessungsdirektor Dr. Heinecke, in Zusammenarbeit mit dem Bergvermessungsfahrsteiger Günther Häger (Bad Grund), den Durchschlagspunkt von unter nach über Tage übertragen.
Besonders muss hier noch auf die Festveranstaltungen zum 200-jährigen Jubiläum des Stollens verwiesen werden, die am 4. u. 5. 9. 1999 begangen wurden.
Am ersten Tag wurde im Oberbergamt ein Symposium mit neun Fachvorträgen abgehalten und in einer Ausstellung waren besondere Risse über den Stollenbau zu sehen.
Als Besonderheit der Ausstellung wurde erstmals ein 8,50 m langes Bild über den Stollen, vom Mundloch bis zum Auffahrungsende, vorgestellt, das vom Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Harzer Montangeschichte, Hermann Kißling aus Herzog Juliushütte, gezeichnet worden ist. Das Bild befindet sich jetzt bei der Fa. Sympatec in CLZ.
Ein Kirchgang und eine Festveranstaltung am Stollenmundloch, mit einer Festrede des damaligen Präsidenten des Oberbergamts, Franz Josef Röllecke, füllten den zweiten Tag aus.
Weiter hat die Arbeitsgemeinschaft einen Tagungsband (100 Exemplare) mit den Fachvorträgen des Symposiums herausgegeben. Ein Nachdruck der „Authentischen Beschreibung von dem merkwürdigen Bau des Tiefen Georg-Stollens.....“, von Johann Christian Gotthard, von 1801, wurde verlegt. Die Auflage von 500 Exemplaren (vergriffen) wurde zu 85 % von Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft Harzer Montangeschichte finanziert.
Quellen:
1) Bild Steltzner-Bergbau- und Hüttenwesen im Harz; Dennert 1986. 2. Auflage, Ed. Piepersche Druckerei.
2) Gedanken in Versform von Steltzner-Archiv Akte 1112/32 LBEG Clausthal-Zellerfeld.
3) Grafik u. Fotos sowie Bildbearbeitung: W. Rögener

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